Wie grenze ich dolus eventualis von bewusster Fahrlässigkeit ab?

Zu einem Standardproblem des Strafrechts zählt die Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit. Es besteht ein umfangreicher Meinungsstand, der in der Klausur wiedergegeben werden muss.

 

Situation:

Der Täter schießt auf das Opfer mit einer Schusswaffe aus 5 Metern Entfernung. Ob der Schuss zum Tod des Opfers führt, ist dem Täter gleichgültig. Das Opfer stirbt aufgrund der Schussverletzung.

Fraglich ist somit, ob der Täter sich des Totschlages nach § 212 StGB oder der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB strafbar gemacht hat. Hierbei ist lediglich zu klären, ob der Täter vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen hinsichtlich der Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale gehandelt hat. Dolus direcuts 1. und 2. Grades liegen nicht vor. Der Täter könnte aber mit dolus eventualis gehandelt hat. Falls er jedoch nicht vorsätzlich handelte, kommt nur eine Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit in Betracht.

 

 

1. Möglichkeitstheorie

Dolus eventualis ist zu bejahen, wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkennt und dennoch handelt.

Gegen diese Theorie lässt sich jedoch anführen, dass der Vorsatz aus einem kognitiven und einem voluntativen Element besteht.

 

2. Wahrscheinlichkeitstheorie

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich hält.

Dagegen spricht aber, dass eine bloße Wahrscheinlichkeit völlig konturlos ist.

 

3. Unabgeschirmtes Risiko

Für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz ist ein qualifiziertes riskantes Verhalten zu fordern.

Dagegen spricht aber, dass hier das subjektive Element auf die Ebene des objektiven Tatbestandes gezogen wird.

 

4. Gleichgültigkeitstheorie

Dolus eventualis ist zu bejahen, wenn dem Täter die Tatbestandsverwirklichung gleichgültig ist.

5. Herrschend: Billigungstheorie

Dolus eventualis ist zu bejahen, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs als möglich erkennt und sich damit abfindet. Dabei ist auch die Rechtsprechung des BGH zu beachten, dass bei äußerst gefährlichem Tun es nahe liegt, dass der Täter mit dem Tode des Opfers rechnet.

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